Pressespiegel

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Fernfahrermagazin Trucker    Transporter-Test   September 1996

Sprinter 412D Miniliner: Das Sattelzüglein

Auf Grund seiner Aufbaubreite von 2,2 Meter kommt der Mini-Sattel auch in der engen Altstadt zurecht.

Mehr als 60 Minisattel verkauften die Fahrzeugwerke Butzen im vorigen Jahr. Fast die Hälfte davon entstanden auf Basis des Viertonner-Sprinter 412 D mit 122-PS-Motor. Die Butzener kombinieren ihn mit zweiachsigen, komfortabel ausgestatteten Aufliegern - unser Textexemplar war besonders aufwendig ausgestattet und daher kein Leichtgewicht.
 
 
 

Viel Übersicht auf luftgefedertem Schwingsitz. Das i-Tüpfelchen für optimalen Sitzkomfort wäre ein in der Neigung verstellbares Lenkrad. Der Einstieg hinter der Vorderachse fällt leicht, die Sichtverhältnisse auch nach oben sind ausgezeichnet.
 
 
 

Die Fahrzeugbauer aus Butzen ergänzten das nüchterne Armaturenbrett mit einem musealen Druckmesser, der so gar nicht zu den übrigen Instrumenten passen will. Einen Tempomat für Langstrecken-Einsätze bietet Mercedes leider nicht an.
 
 
 
 

Der längs eingebaute 2,9-Liter-Direkteinspritzer läuft dank aufwendiger Schalldämpfung recht leise. Die Wartungspunkte für Wasser und Öl sind gut zugänglich.
 
 

Bislang waren der Iveco-Daily und der Renault B 120 die Favoriten der auf Mini-Sattel spezialisierten Fahrzeugbauer. Jetzt kommt der Sprinter 412 D - in diesem Falle von der Fahrzeugbau Butzen GmbH.
Als Basis dient das Doppelkabiner-Fahrgestell des Sprinter 412 D, das auf 3,5 Gesamtgewicht abgelastet wird. Würde es da nicht der 312 D auch tun? Nein, denn erstens gibt es den 312 D nicht mit doppelbereifter Hinterachse, und zweitens ist man auf die Achslastreserven des 412 D angewiesen. Seine Hinterachse darf mit 3200 kg belastet werden, die des 312 D nur mit 2240 kg.
Daß man diese Gewichtsklasse braucht, bestätigen auch unsere ersten Ladeversuche bei unserem Ballast-Lieferanten Baywa Eichstätt. Mit einer ersten Wiegung ermittelten wir das Leergewicht des Zuges und staunten nicht schlecht: 4520 Kilo - ohne Fahrer. Als Differenz zu 7500 kg Gesamtgewicht bleiben da grade mal 2980 Kilo, minus einen Fahrer (75 kg), macht nur 2900 kg echte Nutzlast.
Die Postierten wir in Form von drei Paletten Salz erst mal in Reihe bis zur Stirnwand. Rein optisch gesehen, ließ sich hier die Überladung der Hinterachse schon mal vorausahnen. Und mit 3480 Kilo hatten wir dann auch 280 Kilo zu viel drauf. Die Vorderachse war mit 1480 kg noch weit von ihrer Belastungsgrenze (1750 kg) entfernt - ein Verdienst des geringen Sattelvormaßes, das die Vorderachse nur wenig belastet.
Der Einwand des Praktikers, daß solche Punktlasten höchst selten im Mini-Sattel-Geschäft auftreten, ist völlig berechtigt. Hier wird weitgehend voluminöse Ladung oder leichtes und empfindliches Gut transportiert, das sich problemlos über die Ladefläche verteilen läßt. Mit einer Leerpalette als Abstandshalter zur Stirnwand konnten wir schließlich eine Gewichtsverteilung realisieren. Wenn wir davon ausgehen, daß ein vom Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG) ausgenommener Mini-Sattel bis zu 3500 kg Nutzlast konzessionsfrei transportieren darf, sind diese 2900 Kilo Nutzlast eigentlich relativ wenig. Die Zugmaschine ist mit 2300 kg schon kein ausgesprochenes Leichtgewicht. Der Auflieger aber wiegt wirklich schwer: 2220 kg bringt er leer auf die Waage, und das sind schon mal 2-300 Kilo mehr, als ein ebenfalls zweiachsiger Standard-Plane-Spriegel-Auflieger aus der selben Werkstatt in Butzen wiegt.
Die seitliche Schiebeplane mit zentraler Spannstange, das Edscha-Schiebedach für die Beladung von oben, das Ersatzrad und schließlich die aufwendige, luftgefederte Doppelachse sorgen offensichtlich für das erhöhte Leergewicht.

Die Achslasten sind wichtig

Jedenfalls wenn man so lädt wie auf dem oberen Bild: Mit der 2800 kg schweren Nutzlast an der Stirnwand war die Hinterachse der Zugmaschine um 280 Kilo überladen. Erst eine Palette als Abstandshalter brachte die gewünschte Gewichtsverteilung. Die Verzurrarbeit fiel Dank der sieben stabilen Zurrpunkte je Seite leicht.
 

Sauber verkleidetes Fahrgestell

Solo wiegt die Sattelzugmaschine 2300 kg (ohne Fahrer, Tank voll). Unterm Riffelblech sitzt der 12V-Kompressor, der die Druckluft für den Auflieger bereitstellt. Die Seitenverkleidungen sind nicht aus Kunststoff sondern aus Aluminium gefertigt - so lassen sich kleinere Rempler einfach ausbeulen.

Aus dem Riffelblech ragen die Aufnahmen für einen Pritschen-Wechselaufbau: Der Sprinter ist ja auch als „Lkw mit Wechselaufbau“ (max. 990 Kilo Nutzlast) zugelassen, „wechselweise als Sattelzugmaschine“ - das ist der Trick der Versicherungskosten spart. Fast jeder dritte Kunde ordert den Minisattel mit einer Wechselpritsche - Vielseitigkeit ist gefragt.
 
 
 
 
 
 

Dafür ist das Aufplanen denkbar einfach: Mit einer Kurbel dreht man die zentrale Spannstange auf und lockert so den Vorhang. Nach dem Aushängen der vorderen oder hinteren Arretierung läßt sich die Plane ohne großen Kraftaufwand und vor allem sehr schnell beiseite schieben.
Beim Laden an der Rampe übers Heck ist die Niveauregulierung der Aufliegerachsen hilfreich. Über ein Handventil am Chassis läßt sich die Ladekante um plus/minus 12 Zentimeter aus der Mittellage nach oben oder unten hieven. Der kleine Kompressor im Zugfahrzeug rattert dabei fleißig, um die dafür notwendige Luftmenge bereitzustellen.
Unsere ersten Fahreindrücke bestätigen: Der Sprinter ist mit seinem 122-PS-Direkteinspritzer ausreichend kräftig, um den Miniliner gut in Schwung zu halten. Im Hauptfahrbereich um 2500 Touren verfügt dieser Motor über rund 20 PS mehr Leistung als der 116-PS-Sofim-Direkteinspritzer, wie er im Daily und im Renault B 120 bislang eingesetzt wird. Dadurch ergibt sich deutlich weniger Schaltarbeit auf hügeligen Strecken - Steigungen wie hinauf zum Köschinger Forst packt der Sprinter sogar im höchsten Gang, ohne unter 70 km/h zu fallen.
 


Das bis herunter auf 2000 Touren ansteigende Drehmement (36% ansteigend) beschert dem Sprinter ausreichend Leistungsreserven im mittleren Drehzahlbereich. Diese Qualität und die nicht zu lange Übersetzung hält die Schaltarbeit in Grenzen.
 
 

Auf der flachen Landstraße mit zahlreichen Ortsdurchfahrten ist freilich das Herunterschalten in den Vierten am Ortsende unerläßlich, um wieder zügig die erlaubten 80 km/h Marschgeschwindigkeit zu erreichen. Unsere geforderten 82 km/h Schnitt auf der Autobahn schafft der Sprinter zwar nicht mühelos, aber mit viel Druck aufs Gaspedal. Hier profitiert man ebenso von dem hohen Leistungsniveau im mittleren Drehzahlbereich des Mercedes-Direkteinspritzers. Die Steigung hinauf zum Holledauer Berg verlangt freilich ebenso den vierten Gang wie der lange Kindinger Berg, den wir leistungsbetont und flott mit einem 70er Schnitt packen.
In Sachen Fahrkomfort hat der Sprinter in dieser Kombination dem Daily und dem Renault einiges voraus: Er ist ausgesprochen leise - nur 73 dB(A) gelangen bei 80 km/h ans recht Fahrerohr. Wegen der luftgefederten Aufliegerachsen bleibt der Fahrer von harten stößen in Kreuz verschont, wenngleich der Zug auf bestimmten Autobahnabschnitten mit langen Querwellen leicht ins Nicken gerät. Hier kann man mit etwas Feinschliff sicher noch einiges an der Dämpfung und der Federung optimieren. Der luftgefederte Isri-Fahrersitz fällt hier mit seiner angenehmen Polsterung und einstellbarer Dämpfung positiv auf.
Daß wir die Schaltung des Sprinters zu ungenau und hakelig finden, haben wir schon bei den verschiedenen Gelegenheiten angemerkt. Wie man hört ist Mercedes bereits daran, Makel abzustellen.
Eine Besonderheit des Miniliners ist sicher die Kombination aus hydraulischer und pneumatischer Bremse. Nicht nur in Butzen, sondern auch bei Mercedes hält man die strikte Trennung des hydraulischen Systems der Zugmaschine von den Druckluftbremsen des Aufliegers aus Sicherheitsgründen für zwingend. Die Butzener bedienen sich hier zuverlässiger Technik, die ursprünglich aus dem Traktoren-Bereich stammt. Gemeint ist das berühmte Kippventil, das einfach auf das vorhandene Bremspedal des Zugfahrzeuges aufgebaut wird. Beim Tritt auf die Bremse steuert dieses Ventil den Bremsdruck auf die Aufliegerachsen - mit durchaus gewollter Vorteilung.
 
 
 
 
 


 
 

Das System ist seit langem bei den Butzenern in Gebrauch und funktioniert zuverlässig. Aber auch wenn der Sprinter vorne mit standhaften Scheibenbremsen ausgerüstet ist - bei starken Gefällstrecken wie unserer Spindeltal-Abfahrt wünscht man sich doch eine Zusatzbremse, die bei Dauerbremsung die Betriebsbremsen entlastet. Aber da wird`s schwierig: Ein Retarder ist problematisch wegen des Gewichts, über eine Auspuffklappenbremse verfügen die Transportermotoren dieser Größe nicht.
 


Über dieses aufgesetzte Kippventil von Wabco wird die Druckluftbremse des Aufliegers gesteuert. Das funktioniert gut und leicht dosierbar. Ein weiterer Vorteil dieser Lösung ist, daß der hydraulische Bremskreislauf des Zugfahrzeugs unberührt bleibt.
 

Beim Rangieren ums Eck verschränken sich die beiden Aufliegerachsen gewaltig und es bleibt einiges an Gummi auf dem Asphalt. Der erhöhte Fahrwiderstand des Zweiachsigen Aggregats ist auch bei Kurvenfahrt deutlich spürbar.
 

Schnelles Be- und Entladen mit den Curtainsider

Die Schiebeplane des Aufliegers läßt sich nicht nur leicht bewegen. Auch das Öffnen und Schließen geht Ruck-Zuck. Das Verspannen erfolgt nicht mit Einzelverschlüßen, sondern zentral über eine kurbelbetätigte Spannwelle (unten). Kräftige Haken greifen selbständig die Planösen und spannen die Plane mit einem Kurbeldreh nach unten.

Die Federungsarbeit der an Lenkern geführten Alko-Achsen übernehmen Torsions-Gummilager und Luftfederbälge. Das Höhenniveau läßt sich um +/- 12 cm regulieren.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Umständlich: Für die Nachtruhe muß man die Vorhänge mit Druckknöpfen fixieren.

Mit nur 1,68 Meter Länge hat der Sprinter das kürzeste Bett nach dem Iveco Daily (1,75 m). Die Breite der Bettstatt geht mit 75 cm in Ordnung. Die komplette Innenverkleidung senkt nicht nur den Geräuschpegel, sondern isoliert auch gegen Hitze und Kälte.

Unter der hochklappbaren Matratze findet sich reichlich Stauraum für Klamotten und Proviant. Auch die Standheizung ist hier untergebracht.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Wendigkeit ist Trumpf

Die Aufliegerkante schwenkt wegen des geringen Stirnkreisradius nur wenig aus - günstig wenn´s eng wird. Der Dachspoiler (ca. 1500 DM Aufpreis) ist sauber mit der Dachfläche vernietet und zusätzlich verklebt. Allerdings erschien er uns etwas zu niedrig: Der Auflieger überragt die Spoiler-Oberkante um 20 cm.
 
 
 
 
 

Fazit: Was die Motorleistung und die Abstimmung des Antriebesstranges betrifft, ist der Sprinter momentan das attraktivste Zugfahrzeug für den Mini-Sattel. Aber die Konkurrenz schläft nicht: Iveco hat mit den neuen hubverlängerten Transportermotoren für den Daily nachgezogen. Und auch Renault wird diesen Motor wieder einsetzen: Der nun ebenfalls 2,9 Liter große Vierzylinder-Sofim-Direkteinspritzer liefert über das gesamte Drehzahlband praktisch die gleiche Leistungs- Charakteristik wie der Mercedes-Motor. Und was den Lebensraum für den Fahrer angeht, hat der Renault sicherlich die Nase vorn.
Ob der Mini-Sattel wirklich eine doppelte Hinterachse braucht, ist die Frage: Luftgefedert bringt dieses Aggregat viel Bedienungs- und auch Fahrkomfort. Allerdings ist auch der Fahrwiderstand beträchtlich. Nicht nur daß beim Rangieren eine Menge Gummi auf der Straße bleibt. Auch auf kurvigen Strecken erweist sich die starre Doppelachse als Leistungsfresser: Den Pfahldorfer Berg hinauf mußten wir im steilsten Stück den zweiten Gang bemühen, weil das fehlende Quentchen Leistung von der um die Kurve radierenden Aufliegerachse aufgezehrt wurde.
Einachsige Auflieger für den Mini-Sattel laufen mit deutlich weniger Rollwiderstand. Und abgerundete Aufliegerkanten plus ausreichend hohe Dachspoiler würden ebenfalls ein paar wertvolle kW einsparen, die man im stets etwas untermotorisierten Mini-Sattel immer gebrauchen kann.
Text & Fotos: Robert Domina